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SIA Norm 272:2024

Die Abdichtung und Entwässerung von Bauten unter Terrain und im Untertagebau wird in der SIA 272 geregelt. Als nennenswerte Grundlage wird SIA 261 – Einwirkungen auf Tragwerke, SIA 262 – Betonbau, SIA 274 – Abdichtung von Fugen in Bauten herangezogen. Die Vertragsbedigungen werden in der SIA 118/272:2024 geregelt.

Um Innovationen zu ermöglichen werden in Ziffer 0.4 Abweichungen von der Norm ermöglicht, wenn diese durch Theorie und Vorversuche ausreichend begründet werden können.

Anhand eines Bodengutachtens sind vom Planer die Anforderungen gemäß Ziffer 2.3.1.1 an die „Abdichtungsmassen zum Schutz des Bauwerks, seiner Einrichtung und deren unbeeinträchtigter Nutzung“ festzulegen. Dazu sind entsprechende Massnahmen zu planen und in der Nutzungsvereinbarung festzulegen.

Die Dichtigkeitsklassen sind nach Ziffer 2.3.1.2 festgelegt:

Keine Feuchtstellen an der Bauwerksoberfläche zugelassen

Einzelne Feuchtstellen zugelassen, kein tropfendes Wasser

Örtliche begrenzte Feuchtstellen und einzelne Tropfen

Tropfstellen zugelassen

Die Festlegung der Dichtigkeitsklassen unterliegt dem Bauherren unter Berücksichtigung seiner technischen und wirtschaftlichen Anforderungen. Auf Grundlage der grösstmögliche Nutzung der erdberührten Bauteile, fallen heute fast alle Bereiche in die Dichtigkeitsklasse 1 und 2.

Bei der Berechnung der Lastfälle nach SIA 262 und bei der Verwendung von Injektionssystemen spielt die SIA 272, Ziffer 2.3.1.7. eine wichtige Rolle:
„ Die Wärmeeinwirkung auf Wasser, Luft und Bauteile im jahres- und tageszeitlichen Verlaufen muss abgeschätzt und im Projekt berücksichtigt werden. Die Konsequenzen daraus können in der Bauphase und der Nutzungsphase erheblich sein.“

Für die Planung und Umsetzung sind hier vor allem zwei Punkte von zentraler Bedeutung.
Zum einen ist neben der Nutzungsphase auch die Bauphase zu betrachten. So werden Bodenplatten und Decken teilweise im Hochsommer bei 30°C betoniert und erhitzen sich durch Sonneneinstrahlung und Hydratationswärme in Abhängigkeit der Bauteilstärke weiter. Im Winter sind die Baumassnahmen, gerade bei Grossbaustelle, häufig noch nicht beendet und Schnee, Eis und kalten Temperaturen ausgesetzt. Die Temperaturdifferenzen liegen dabei zum Teil bei ΔT=50K. Die Entsprechende Beanspruchung ist durch die Fachplner frühzeitig zu betrachten und einzuplanen und die Annahmen bei Bauverzögerungen auch im Projekt zu überprüfen.

Zum Anderen sind auf Grund der natürlichen Belüftung, Einstellhallen einer extremen Temperaturschwankung ausgesetzt. Fugen und Risse bewegen sich daher im Jahresverlauf und können zweitweise wasserführend werden. Gerade bei der Verwendung von Injektionssystemen kann dies problematisch werden, da der Richtwert für die maximal überbrückbare Rissbreitenänderungen: ΔbR: 15% der Rissbreite“ entspricht (SIA 272, Ziffer 4.1.4). Gleiches gilt für die Sanierung von Rissen, welche gemäss Ziffer 3.1.4 zum System der wasserdichten Betonkonstruktion gehören:
„Risse in Betonbauwerken sind unvermeidbar. [….] Risse werden mittels geklebter Bänder oder Kunstharzverpressung abgedichtet. […] Sie treten wiederkehrend statisch oder dynamisch auf. Sie sind im Projekt zu bestimmen. Die Wahl der geeigneten Baustoffe für die Abdichtung von Rissen ist abhängig von der zu erwartenden Breitenänderung.“

Grundlegend sind die Rissbreiten bR in der Tragskonstruktion nach Ziffer 2.5.6.4 zu begrenzen. Die Begrenzung der Rissbreiten und der rissbreitenveränderung ΔbR sowie Methoden für das Abdichtung müssen im Projekt bestimmt und in der Nutzungsvereinbarung festgelegt werden.

Die Übergänge von einzelnen Abdichtungssystemen stellen die ausführenden Unternehmen vor eine grosse Herausforderung. Unterschiedliche Materialien, unterschiedliche Hersteller und keine detailliierte Planung sind im Tagesgeschäfte häufige Probleme.
Gemäss Ziffer 2.3.2.7 wird empfohlen „Bauwerke sind durchgängig mit demselben Abdichtungssystemen zu planen und auszuführen. Unvermeindbare Übergänge zu anderen Abdichtungssystemen müssen frühzeitige im Projekt geplant und am Bau vollständig umgesetzt werden. Die Verträglichkeit der dabei verwendeten Baustoffe untereinander ist sicherzustellen.“

Gerade beim Übergang von unterirdischen und oberirdischen Bauteilen besteht häufige eine Abstimmungsproblematik. Während unterirdisch häufig vom Ingenieur geplant und vom Baumeister ausgeführt wird, wird oberirdisch vom Architekt geplant und vom Flachdachabdichter ausgeführt. Die Abdichtung ist bis 120mm über Nutz- und Schutzschicht zu führen.

SIA 272 Ziffer 2.5.7 regelt die Abdichtung von Durchdringungen im Projekt. Die eingebauten Durchdringungen müssen in sich wasserdicht sein und an die Dichtungsbenene angeschlossen werden um ein Hinterlaufen des Abdichtungssystemes zu vermeiden. 

Ziffer 3.1.3.8 legt zusätzlich die Massnahmen für wasserdichte Betonkonstruktionen fest: 
Kanalisationsrohre und dgl. müssen ausserhalb des Bauwerks geführt werden. Ist dies nicht möglich, muss die minimale Betonüberdeckung 250mm betragen und der Betonquerschnitt darf nicht um mehr als 25% verkleinert werden. Zudem wird empfohlen, dass der Abstand zwischen den Rohren min. 200mm betragen sollte.

Gemäss Ziffer 3.1.5.6 sind Rohrleitungen unter 90° durch das Betonbauteil zu führen. Zu benachbarten Fugen und Durchdringungen sind mindestens 200mm einzuhalten. Einbauten, z.B. Durchdringungen sind an der Bewehrung zu befestigen, siehe Ziffer 3.1.6.10.

Bei der Wahl der Betonsorte und dem Nachweis für wasseridhcten Beton ist SN EN 206 einzuhalten. „Für Beton nach Zusammensetzung gelten folgende Richtwerden: w/z ≤ 0,55, allenfalls mit Zugabe von Betonverflüssiger, Zementgehalt entsprechend der Aggregatkörnung (Sieblinie) ≥ 280 kg/m³, ergänzt mit mineralischen Feinstoffen, Zementarten mit möglichst geringer Wärmeentwicklung.“ (SIA 272:2024, Ziffer 3.1.2.2)

Ein wichtiger Punkt der derzeit noch nicht in der Norm geregelt ist, sind Überfestigkeiten. Da die Bemessung der Mindestarmierung nach SIA 262 an die effektive Betonfestigkeit gekoppelt ist, sind daher entsprechende Erfahrungswerte heranzuziehen. Um eine wirtschaftliche und normgerechte Bemessung vornehmen zu können sind die Überfestigkeit auf 50% zu begrenzen.

Aus der Schalung für wasserdichten Betonbauwerke darf keine Zementmilch austreten. Zu beachten sind Boden/Wand- und Wand/Decken-Anschlüsse und Wand-Wand Übergänge. Die Bindstellen sind abzudichten. (SIA 272, Ziffer 3.1.6.7)

Konstruktiv sind bei wasserdichte Betonkonstruktionen die Anforderungen an den Untergrund relativ gering. Wichtig ist jedoch eine durchgehende Sauberkeitsschicht und eine Trennung der Betonkonstruktion vom Untergrund soweit dieser das Schwindverhalten beeinträchtig. So sind zwischen Baugrubenverbau und einhäuptiger Schalung und bei felsigem Untergrund Trennschichten einzuplanen. (SIA 272, Ziffer 3.1.3.7)
Um keine Spannungen aus Wärmedifferenzen im Abbindeprozess zu erhalten sind die Bauteilabmessungen möglichst gleichbleibend zu planen und Fundamente vorzubetonieren. „Die Betonieretappen ohne Fugen dürfen in horizontalen Flächen 400m² nicht überschreiten und müssen ein möglichst quadratisches Mass aufweisen. Seitenverhältnisse von mehr als 2:1 bei Bodenplatte und 3:1 bei Wandflächen sind zu vermeiden.“ (SIA 272, Ziffer 3.1.3.9)

In wichtiger, aber meist unbeachteter Punkt der SIA 272 stellt die Bemessung der Rissbreite und deren Veränderung im Lifecycle dar. Zur Minimierung der Rissbildung wird daher in der SIA 272 Ziffer 3.1.4.4 die zu verlegende Mindestbewehrung nach SIA 262 empfohlen.

Die erforderliche Bewehrung kann reduziert werden, wenn durch besondere Massnahmen, wie z.B. der Einbau von Sollrisselementen, nachgewiesen wird, dass die zulässige Risskraft keinesfalls erreicht wird. (Ziffer 3.1.4.7) 

"Risse können bereits ab einer Breite von 0,1 mm wasserführend sein. Im abdichtungskonzept sind Massnahmen zur Beschränkung der Rissbreiten zu definieren. Wasser führende Risse sind in der Regel mittels Verfüllprinzip (z.B. Injektionssystemen) und /oder Adhösionsprinzip (z.B. geklebte Bänder, FLK) nachträglich abzudichten." (Ziffer 3.1.4.2)

"Rissbreitenänderungen sind die Folgen der oben genannten Einwirkungen. Sie treten wiederkehrend statisch oder dynamisch auf. Sie sind im Projekt zu bestimmen. Die Wahl der geeigneten Massnahmen für die Abdichtung von Rissen (Verfüllprinzip, Adhäsionsprinzip) ist abhängig von zu erwartenden Breitenänderungen." (Ziffer 3.1.4.3)

Die für die Berechnung wirksame Betonzugzone wird gemäss SIA 262 (Formel 99) reduziert. Die Abstände der Bewehrung dürfen bei den Dichtigkeitsklassen 1 bis 3 nicht mehr als 150 mm betragen. Die Norm SIA 262, Ziffer 5.2.3, betreffend Minimalabstände ist zu beachten. 

Die Mindestbewehrung ist in jedem Fall beidseitig des Betonquerschnittes einzulegen. Die Rissbreiten können verkleinert werden, wenn unbehindertes Schwinden und Gleiten der Bodenplatte auf dem Untergrund (reduzierte Reibungskräfte) nachgewiesen wird und wenn Sollrisselemente, einfache Statikmodelle inkl. Fugeneinteilung und geeignete Fugendichtungssysteme vorgesehen werden. (Ziffer 3.1.4.9)

Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die entsprechenden rechnerischen Rissbreiten nicht mit den Beschreibungen der Dichtigkeitsklasse nach Ziffer 2.3.1.2 korrelieren. Ein Riss mit 0,5mm bedeutet einen direkten Wasserdurchfluss durchs Bauteil und nicht „trocken bis leicht feucht - Einzelne Feuchtstellen zugelassen, kein tropfendes Wasser“.

Zur Minimierung der Rissbildung ist eine Mindestbewehrung gem. SIA 262 erforderlich:

- Dichtigkeitsklasse 1
hohe Anforderungen, zu erwartenden nom. Rissbreiten ≤ 0,2 mm
- Dichtigkeitsklasse 2
erhöhte Anforderungen, zu erwartenden nom. Rissbreiten ≤ 0,5 mm
- Dichtigkeitsklasse 3
normale Anforderungen 

Die nominelle Rissbreite wnom ist eine theoretische Hilfsgrösse, welche auf der Höhe des Bewehrungsschwerpunkts definiert ist. Sie entspricht nicht den auf der Betonoberfläche messbaren Rissbreiten. 

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